Sagen und Geschichten: Der Blutstein auf dem Arnstein


Der Blutstein auf dem Arnstein


Auf der Burg Arnstein lebte einst ein grämlicher alter Ritter, der nur dann gute Laune hatte, wenn seine liebliche Tochter Jutta bei ihm weilte. Ihre Mutter war schon vor einigen Jahren verstorben. Das war es auch, was den Burgherren hartherzig gemacht hatte. Ihren einzigen Bruder, den Gespielen ihre Jugendjahre, als die Mutter noch lebte, hatte der Vater zu einem entfernten Verwandten gebracht. Dort sollte Juttas Bruder die Ritterschaft, besonders die sieben ritterlichen Tugenden erlernen.

So hatte nun die muntere Jutta keine andere Gesellschaft als ihren launischen und menschenfeindlichen Vater. Es war aber auch sein Knappe auf der Burg mit Namen Egbert. Er war der Sohn eines verarmten Ritters aus edlem Geschlecht.

Bald fasste Jutta Liebe zu dem schönen Jüngling, und auch Egbert gewann die Jungfrau lieb. Er wagte aber nicht, seinen Gefühlen nachzugeben, denn er kannte die Pläne des grämlichen Burgherrn. Der wollte seine Tochter einem hochherrschaftlichen Ritter zur Frau geben.


Sinnend saß Egbert einst auf einem Steine im Burgzwinger und blickte hinab auf die wenigen Häuser unterhalb der Burg. Sein Antlitz wurde von der Abendsonne beleuchtet. Plötzlich fiel ein Schatten auf ihn. Er hob sein Gesicht. Jutta stand vor ihm mit einem freundlichen Lächeln. Sie fragte ihn, wovon er träume. Er errötete und bekannte ihr seine Liebe. Zugleich aber sagte er, dass er nur wenig Hoffnung habe, sie als Hausfrau heimführen zu können, weil er arm und ohne mächtige Freunde sei. Jutta versuchte, ihm seine Sorgen auszureden. Sie gelobte ihm feierlich, nie eines anderen Mannes Weib zu werden, umarmte und küsste ihn.


Da raschelte es plötzlich im nahen Gebüsch. Juttas Vater kam wütend auf Jutta und Egbert zu, das Schwert blinkte in seiner Hand. Ohne dem Jüngling nur einen Moment Zeit zur Rechtfertigung zu lassen, stieß er ihm mit bösen Worten das Schwert in die Brust. Lautlos brach Egbert zusammen. Das Blut floss über den Stein, auf dem er gesessen hatte. Dann schleppte der Burgherr die ohnmächtig gewordene Jutta an den Haaren mit sich fort. Dort kam sie erst durch sein Toben wieder zu sich.


Traurig bestatteten die Knechte Egbert an der Stelle, wo er sein Leben ausgehaucht hatte. Jutta aber begab sich in ein Kloster, wo sie die Tage mit Gebeten für ihren ermordeten Geliebten und ihren sündigen Vater verbrachte.


Noch jetzt ist der Blutstein, auf welchem Jutta und Egbert gesessen haben, vorhanden. Kein Regen hat bisher vermocht, den Blutfleck wegzuspülen. Sehen aber kann ihn nur ein Menschenkind, welches in der Walpurgisnacht geboren ist. Einem solchen ist auch die Erlösung des ruhelosen Mörders vorbehalten.


Aus der Sammlung: Geschichten, Sagen und Erzählungen aus dem Einetal, 
von Gerhard Dörfer, Haldensleben

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