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Gutshaus Fam. Mertens |
Bei
der nunmehr 5.
Exkursion und zweiten in unserer Region trafen
sich am 09.Novemer 2013 insgesamt 22 Interessierte, um mit vier
Augenzeugen aus Harkerode und Alterode zwei Stationen
der berüchtigten Todesmärsche zu besuchen.
Am
09. April1945 wurden vom KZ Langenstein-Zwieberge aus 6 Kolonnen
mit je 500 Häftlingen in Marsch gesetzt, scharf bewacht von
SS-Leuten. Ein geografisches Ziel war nicht definiert. Die Tötung
möglicher Zeugen der begangenen Verbrechen und blinde Flucht vor den
heranrückenden Amerikanern bestimmten das Handeln der SS. Zur
Dimension dieser Märsche gibt es folgenden
beeindruckenden Bericht.
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In Alterode |
Beim
Treffen vor einem Monat berichteten Zeitzeugen vom Marsch der Gruppe,
welche über Ermsleben-Welbsleben nach Quenstedt-Wiederstedt
getrieben wurde. Eine zweite Gruppe musste offensichtlich von
Ermsleben in Richtung Endorf aufgebrochen sein, wobei bis heute nicht
ganz klar ist, ob sie dann über Ulzigerode-Alterode oder
Harkerode-Alterode nach Sylda und von dort Richtung Osten flüchten
musste. Berichte von Zeugen aus Alterode lassen die Vermutung
aufkommen, dass der Zug doch von Harkerode kam.
Der
im April 1945 elfjährige Eberhard Mertens stand im Torweg
seines Elternhauses in Harkerode, Hauptstrasse 16 als sich ein
Zug Gefangener an ihm und seiner Schwester vorbeischleppte und um
Brot bat. Der Junge rannte in die Küche und brachte nach kurzer Zeit
einen Packen Brotscheiben heraus. Zum Dank erhielten die beiden
Kinder einen Fingerring mit Stein, den vermutlich einer der
Gefangenen selbst gefertigt hatte. Der promovierte Historiker Mertens
bedauert heute, den Ring nicht mehr im Familienbesitz zu haben.
Dr.
Mertens, Herr Westphal und ein weiterer Augenzeuge berichteten an
verschiedenen Orten von weiteren dramatischen Geschehnissen in ihrem
Ort, die zum Tod von insgesamt 16 Häftlingen führten. Erste
Untersuchungen durch sowjetische Behörden folgten im Sommer 1945 im
Saal des Mertenschen Gutshauses.
Jeder
der Exkursionsteilnehmer legte an der Grab- und Gedenkstätte auf
dem Friedhof Harkerode Rosen zum Gedenken an die ermordeten
KZ-Häftlinge nieder.
Allen
wurde dabei deutlich, wie wichtig es wäre, mehr über die Getöteten
zu wissen. Wir kennen weder ihre Namen noch ihr Alter oder Heimatland
und wissen nicht, ob sie aus politischen, religiösen oder ethnischen
Gründen von den Nazis inhaftiert wurden.
Bereits
in Vorbereitung des Treffens hatte Pfarrerin Schabbert aus Welbsleben
und Eberhard Mertens die Kirchenbücher gewälzt, um Anhaltspunkte zu
finden. Sie fanden heraus, dass Pfarrer Schmidt die Toten mit
kirchlichen Ehren bestattet hat, aber im Kirchenbuch leider nur die
Anzahl der Toten vermerkt wurde. Vielleicht befinden sich im damals
zuständigen Standesamt Eintragungen? Wir bitten um Mithilfe!
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Im Saal des Gutshauses |
Nach
dem Besuch verschiedener Stätten im Freien setzte man sich im Saal des
Gutshauses Mertens zusammen, um weiteren, der insgesamt zehn
anwesenden Zeitzeugen aus Ballenstedt, Badeborn, Welbsleben,
Harkerode, Alterode, Wiederstedt und Könnern zuzuhören. Leute aus
der Region, die man der Ermordung von Gefangenen auf diesen Märschen
bezichtigte, oder welche sich sonst als SS-Funktionäre hervorgetan
hatten, wurde hier abgeurteilt und in Lager abgeführt.
Es
stand im Raum, inwiefern Denunziationen eine Rolle gespielt
haben, denn einige der Abgeurteilten waren eigentlich als Sozialisten
bekannt. Ein weiterer, sehr ergreifender Aspekt, da die Familien
zweier Zeitzeugen selbst davon betroffen waren.
Dem
Krieg mit seinen vielfältigen Verbrechen folgte eine Zeit, die der
Opfer der Todesmärsche selten gerecht wurde. Es scheint so als wenn
die Haupttäter meist einer Bestrafung entgingen und unbehelligt
untertauchen konnten. Die Todesopfer der Märsche wurden zwar meist
noch würdig bestattet und ein Denkmal errichtet, nachdem sie vorher
oft nur am Wegesrand verscharrt worden waren, aber danach
interessierte sich nur noch selten jemand für sie. Oft waren es
Zeitzeuginnen, die über Jahrzehnte privat die Pflege übernahmen.
Heute kann für die Pflege der Kriegsgräber Gelder beim Bund
beantragt werden.
Nächste
Station Quenstedt
Nun
gibt es vorerst Winterpause. Im kommenden Jahr ist geplant, als
nächsten Ort Quenstedt zu besuchen. Die Organisatoren Hans
Richter und Ellen Fauser laden schon jetzt Zeitzeugen aus
Quenstedt, Arnstedt ein, sich zu melden. Berichten Sie, was Sie im
Zusammenhang mit diesen Todesmärschen gesehen haben. Das können Sie
auf der Gemeinde, oder direkt per Telefon 03473-932 96 66 machen.
Ebenso können Sie auch Hans Richter unter der Telefonnummer
03943-634322 kontaktieren.
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