Nachtrag dank Michael Rockmann: Ergänzungen zum Altar in der Dorfkirche

 


Kürzlich wurde in unserer FB-Gruppe über die Herkunft des Altars in unserer Kirche diskutiert.  Michael Rockmann hat dazu die Ergebnisse seiner Recherchen, welche er auch am Kulturwochenende vor 6 Jahren vortrug.
Danke für die Unterlagen, Michael.

Altar

- ist aus Stein

- in der Mitte (von der Decke zugedeckt) befindet sich ein Loch, das möglicherweise zur Aufbewahrung von Reliquien gedient hat; so berichtet es jedenfalls noch Kirchenrat Lehmann in seiner 1789 erschienenen Schrift über die bei Welbsleben vorgefundenen Altertümer

 

Altaraufsatz („Retabel“)

- Flügelaltar

- entstanden vermutlich um 1480/85 (Dehio: um 1470/80) = jene Zeit, in der ein breites Interesse an Anna, der Mutter Marias, greifbar wird

- Grundthema: Herkunft Jesu

- Altaraufsatz war zu Größlers Zeiten (also vor 1900) mit weißer Ölfarbe übermalt, die Gemälde der Rückseite waren bis zur Unkenntlichkeit verblichen

- als dann die Kirchengemeinde um 1900 das erwähnte Glasfenster gestiftet hatte, wurde der hässliche, weiß bepinselte Altar an die Südwand des Kirchenschiffes verbannt

- Sie sehen den Altaraufsatz nun wieder im schönen restaurierten Zustand nach Restaurationen von 1960/63, 1989 und 2007 und an seinem angestammten Platz

 

Flügelaußenseiten: 4 Schlüsselszenen aus der nichtbiblischen Legende über das Leben der Heiligen Anna, der Mutter Marias, also Jesu Großmutter

1. Zurückweisung des Opfers des Joachim (Mann der Anna) im Tempel, weil das Paar keine Kinder habe

2. Verkündigung an Joachim, dass Anna ein Kind gebären werde

3. Unter der Goldenen Pforte trifft Joachim die Anna und berichtet ihr die frohe Kunde

4. Darstellung Annas im Wochenbett mit Maria (Jesu Mutter) als ihrem Kind

- Gemälde zeigen schon Bezüge zur niederländisch-französischen Kunst und stammen wohl aus derselben Werkstatt wie ein nach Westdorf gehörender Altaraufsatz und ein Retabelflügel in der Aschersleber Stephanikirche

geschnitzter Schrein: thematisiert Herkunft Jesu

1. Mittelteil:

+ Wurzel Jesse, also den Stammbaum Christi

+ unten liegend Jesse als Stammvater

+ 12 jüdische Könige als Halbfiguren, die von ihm abstammen

+ in der Mitte seine Nachfahrin Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm

+ neben Stammvater Jesse noch ein Prophetenpaar sowie evtl. Benedikt und Augustinus

2. vier Flügelreliefs

+ Verkündigung: Erzengel Gabriel verkündet Maria, dass sie Jesus den Messias und Gottessohn gebären werde

+ Heimsuchung: Maria besucht Elisabeth, die sie begrüßt mit den Worten: „Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“

+ Jesu Geburt

+ Einsegnung der gekrönten Maria durch Christus

- Plastiken und Fassung aus derselben franko-flämisch beeinflussten Werkstatt wie das Retabel von Rodersdorf (b. Halberstadt) und das Fragment eines Kreuzigungsreliefs aus dem Dom zu Halle, das auf um 1480/85 datiert werden kann

- in der Predella sind ältere Figuren eingesetzt, die nicht von demselben Künstler stammen

+ in der Mitte Kruzifix

+ rechts und links zwei Heiligenbüsten,

links eine Dame, die den Teufel an der Kette führt und sich damit als die Schutzheilige der Kirche (die hl. Juliana) zu erkennen gibt

rechts eine Bischofsfigur, die (typisch für den hl. Clemens) mit der Papstkrone (der Tiara) gekrönt ist, so dass wir sicher nicht fehlgehen, dass es sich hierbei analog zur linken Figur um den hl. Clemens von Rom, den zweiten Schutzheiligen unserer Kirche, handelt

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