Sagen und Geschichten: Der Kuttenzins


Krypta  der Konradsburg,  Ermsleben

Krypta der Konradsburg, Ermsleben

In Stangerode im Mansfelder Land, dort, wo die Leine die Eine fand, wird von einem Mönch erzählt, der nicht so lebte, wie es sein Gelöbnis forderte: Demut, Armut Keuschheit. Die Stangeröder waren dem Kloster Konradsburg zinspflichig . Und mit dem guten Zins, der alljährlich am Donnerstag 21 Dezember zu zahlen war, hatte es seine besondere Bewandtnis.


Der Kuttenzins

Die Mönche des Klosters Konradsburg waren im allgemeinen fromm und gottesfürchtig und hielten sich an das Gelübde, in Demut, Armut, und Keuschheit zu leben.

Es gab aber auch räudige Schafe unter ihnen, wie man zu sagen pflegt. Einer von ihnen war Bruder Markus. Er fühlte sich sehr wohl, da er seine Tage nicht in der einsamen Stille der düsteren Klosterzelle verleben musste. Er hatte Außenhöfe des Klosters zu verwalten und die weitläufigen, zur Konradsburg gehörenden Forstorte zu beaufsichtigen. Auch Stangerode gehörte zu seinem Bereich.


In Stangerode wohnte ein Mann namens Hartung schon mehrere Jahre mit seiner Frau Isalbe in glücklicher Ehe. Ihr Hausstand lag in der Nähe eines zum Kloster gehörenden Waldes, der noch heute Mönchsholz genannt wird. Aber in letzter Zeit war seine Frau so anders. Er spürte eine gewisse Kälte ihm gegenüber. So oft er sie auch fragte, er bekam nur abweisende Antworten. Er konnte ja nicht wissen, dass der Mönch Markus mit seiner Frau ein Liebesverhältnis angeknüpft hatte.


Hartung musste oft nach Halle, um Salz zu holen. Und diese Gelegenheit nutzte Markus weidlich aus. Er schlich sich, mit einem Laken umhüllt, aus dem Walde kommend an das Haus heran. Dort gab er durch Bellen oder Blöken kund, dass er gekommen war. Und Isalbe ,die treulose Frau Hartungs, ließ den Mönch ein.


Einige beherzte Freunde Hartungs beobachteten das Gespenst und hatten schnell bemerkt, was sich hier abspielte. Sie erzählten ihm davon. Anfangs wollte er es gar nicht glauben, jedoch wollte er sich Gewissheit verschaffen. Er sagte seinem Weibe, dass er für einige Tage fort müsse. Halle gab er als sein Ziel an, aber er kehrte bald zurück zu seinen Freunden. Da kam auch schon, in ein Laken gehüllt, der Mönch angeschlichen. Sie ließen ihn in das Haus eintreten, dann ging Hartung hinterher. Er fand das Laken des Mönches, hüllte sich darin ein, trat in die Stube ein und schlug den Frevler tot. Sein Weib hatte ihn nicht erkannt. Voll Angst und Schrecken schleppte sie den toten Mönch aus dem Hause und vergrub ihn vor einem Holunderbaum, der auf dem Hofe stand.


Das Verschwinden des Mönches war im Kloster bemerkt worden. Man wusste dort schon lange um die Verfehlungen des Markus. Auf der Suche nach ihm kam der Abt mit den anderen Mönchen nach Stangerode. Jedes einzelne der 13 Häuser wurde aufgesucht. Bald war die frische, aufgeworfene Erde entdeckt. Man buddelte und fand den erschlagenen Markus.

Der Abt hatte nicht die Absicht, eine strenge Untersuchung anzustellen, sondern bestrafte milde die begangene Untat, den Totschlag des Mönches Markus vom Kloster Konradsburg:


Auf ewige Zeiten soll Stangerode für den in seiner Gemarkung freventlich verübten Mord einen Kuttenzins bezahlen. Jedes der 13 Häuser einen silbernen Pfennig, und zwar soll dieser Kuttenzins alle Jahre am Thomastage (21. Dezember) von der ganzen Stangeröder Gemeinde bei Strafe einer Tonne Heringe für jede Minute nach Sonnenaufgang in einer feierlichen Fußprozession nach Konradsburg gebracht werden.


Und so geschah es auch lange Zeit. Im Mönchsholz aber ist es bis heute nicht geheuer, denn der ermordete Mönch spukt in vielerlei Gestalt umher. Am ärgsten aber ist das gespensterhafte Geschehen in den Wochen vor dem Thomas-Tag. Das ist die Zeit vom 20. November bis zum 20. Dezember.


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Im Ergebnis des Bauernkrieges gaben die Kartäuser Mönche das Kloster Konradsburg im Jahre 1526 auf. Vor dem war es ein Benediktinerkloster. Der Besucher, der zur Konradsburg kommt, steht besonders ehrfurchtsvoll in der Krypta.


Die Sage wurde entnommen dem Buche Sagen der Grafschaft Mansfeld, gesammelt von Dr Hermann Gößler, Eisleben 1880 .


Aus der Sammlung: Geschichten, Sagen und Erzählungen aus dem Einetal, 
von Gerhard Dörfer, Haldensleben

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